Gott, der barmherzige Vater, hat unseren Mitbruder P. Andreas Brath am 29. Dezember 2020 im Alter von 85 Jahren zu sich in sein ewiges Licht im „himmlischen Sion“ heimgerufen.
Seit dem 13. Dezember 2019 war es unserem Pater Andreas krankheitshalber nicht mehr vergönnt, weiterhin im Haus der Anbetungspatres auf Berg Sion zu leben, zu beten und zu wirken. Deshalb musste er in das Alten- und Pflegeheim der „De Haye‘schen Stiftung“ in Koblenz-Kartause umziehen. Dort begann der letzte Abschnitt seines Lebens, der durchwegs von „Müh und Last“ durchzogen war. Vor etwa einer Woche stellte sich bei einem Test heraus, dass Pater Andreas durch das „Corona-Virus“ infiziert ist. Sein gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich daraufhin dramatisch und führte schließlich überraschend schnell am Morgen des 29. Dezember mitten in der weihnachtlichen Zeit zum Tod, wenige Minuten bevor sein Rektor P. Michael Czysch und P. Georg Ritter, der Kursbruder von P. Andreas, bei ihm eintrafen, um ihn beim Sterben begleiten zu können.
Geboren wurde Andreas am 03.10.1935 in Ungarn, in der Ortschaft Budaörs, nahe bei Budapest. Seine Eltern waren Josef Brath (1906 - 1999) und dessen Frau Maria (1906 - 1990). In seiner Kindheit hatte Andreas eine Lieblingsschwester namens Maria, die jedoch schon sehr früh verstarb, was Andreas bedrückte und bitten ließ, er möchte eine neue Schwester haben. Das geschah dann auch durch die nachfolgende Schwester, die wieder auf den Namen Maria getauft wurde.
Gegen Ende des II. Weltkrieges traf die Familie das Schicksal der Ausweisung aus der Heimat und der Deportation nach Westdeutschland, wo sie dann am 07.02.1946 in Göppingen ankam. Nachdem Andreas in Budaörs die ersten drei Jahre zur Schule gegangen war und nach Ankunft in Westdeutschland ein viertes Schuljahr in Creglingen verbracht hatte, setzte er seine Schulzeit im Gymnasium und Internat der Pallottiner (St. Paulusheim) in Bruchsal fort, bis er im Februar 1956 mit dem Abitur abschließen konnte. Dort fiel auch seine Entscheidung, ins Noviziat der Pallottiner einzutreten, das er dann in Untermerzbach von 1956 bis 1958 einschließlich zwei Semester Philosophie absolvierte. Am 20.01.1958 wurde ihm dann aber durch den Generaloberen Pater Möhler eröffnet, dass er wegen seiner Einstellung in den Fragen um das Leitbild Schönstatts nicht zur Profess zugelassen werde.
Im Paulusheim in Bruchsal hatte er zusammen mit den anderen Schülern durch den beliebten Rektor des Hauses Schönstatt kennen gelernt. Andreas war unter den Mitschülern sehr beliebt, was er nicht zuletzt auch seiner sportlichen Leistung beim Fußballspielen verdankte. Ehemalige Schulkameraden erzählten, dass er ein begehrter Fußballspieler war. „Die Mannschaft, bei der er mitspielte, hatte gute Aussichten zu gewinnen. Er spielte Mittelstürmer.“ Es gelang ihm, mehrere Gruppen von Schönstättern zu gewinnen und zu leiten und sie in der Liebe zu idealen Zielen zu bestärken. Auch nach seinem Eintritt in das Noviziat der Pallottiner pflegte er intensiv ein Leben aus dem Geist der Weihe an die Gottesmutter, wie er das vom Rektor Pater Volk und anderen Schülern gelernt hatte. Die dabei beginnende Freundschaft mit Walter Jakel, Hans Kulgemeyer, Georg Ritter und anderen begleitete ihn dann zeitlebens. Aus diesen Freunden bildete sich ein Kurs, der sich mehrfach auf der Liebfrauenhöhe versammelte, insbesondere im Jahr 1958 mit einer besonderen Weihestunde am 21.04.1958 und dem Versprechen, das weitere Leben ganz für den Gründer Pater Kentenich und die Verwirklichung einer schönstättischen Patresgemeinschaft einzusetzen.
Nachdem er das Internat in Untermerzbach am 05.03.1958 verlassen hatte, gab er sein Ziel des Priestertums keineswegs auf, sondern orientierte sich an all jenen, die ebenfalls auf dem Weg zur Neugründung einer schönstättischen Patresgemeinschaft waren. Als Zwischenlösung sollte das Theologiestudium in der Diözese Rottenburg dienen, das er am 21.04.1958 in Tübingen begann und im Juli 1961 mit dem Schlussexamen beendete.
Inzwischen waren im Hintergrund die Vorbereitungen für die Neugründung einer Patresgemeinschaft soweit gediehen, dass Andreas Brath sich in der Diözese Rottenburg abmeldete und sich im November 1961 als erster seines Kurses auf den Weg zu Pater Kentenich nach Milwaukee / USA machte. Erst ein Jahr später kamen die nächsten aus seinem Kurs hinzu. Als er später einmal gefragt wurde, was ihm zuerst einfällt, wenn er an die Zeit in Milwaukee nach seiner Ankunft denkt, antwortete er: „Dass unser Vater mit uns ins Heiligtum gegangen ist und dann sagte: ‚Jetzt sind Sie mein Mitarbeiter!“ Der Kurs von jungen Mitbrüdern, zu dem Andreas gehörte (Walter Jakel, Hans Kulgemeyer, Thomas Haag, Georg Ritter), nannte sich deshalb nicht umsonst: „Confundatores Patris“ (Mitgründer mit dem Gründervater). Einem Wort von Pater Kentenich an diesen Confundatores-Kurs blieb Andreas bis zu seinem Lebensende verpflichtet: „Wir sollten alle Mitgründer sein, das darf nicht nur gelten für den Anfang, das müsste gelten für alle Zeiten.“
Andreas lernte gut die englische Sprache, so dass er in Milwaukee von Pater Kentenich in dessen Eigenschaft als Deutschenseelsorger ein gutes Jahr lang (1962) eingesetzt werden konnte als Sekretär und Verbindungsmann zwischen der deutschen Gemeinde und den amerikanischen Familien. Auch nach Abschluss des Terziates, das Pater Kentenich den 7 Kandidaten für die Neugründung der Patresgemeinschaft hielt, setzte Andreas seine Tätigkeit in Milwaukee als Religionslehrer und Lehrer für Mathematik von April bis Juli 1963 fort. Dann jedoch offenbarte sich seine Tuberkulose-Erkrankung, die man dort medizinisch bis in den Dezember 1963 hinein heilen wollte, jedoch mit geringem Erfolg. Da er noch nicht im Besitz eines amerikanischen Einwanderervisums war, musste er am 04.01.1964 das Land verlassen und nach Deutschland zurückkehren. Hier verbrachte er vom Februar 1964 bis August 1964 die Zeit in der Lungenklinik in St. Blasien im Schwarzwald. Danach suchte er an mehreren Stellen (in München und auch in Schottland) nach Orten, die seiner geschwächten Gesundheit förderlich sein könnten. Nach Kräften diente er der Gemeinschaft durch Sekretärsarbeiten und durch die Bearbeitung und Edition von Schriften des Gründers.
Andreas Brath war bis zu diesem Zeitpunkt immer noch Kandidat für die Priesterweihe. In der Osterzeit 1965 entschied der damalige Erzbischof Antonio José Plaza von La Plata in Argentinien, alle Kandidaten der Neuen Gemeinschaft, die auf die Priesterweihe warten, im Vertrauen auf die Zuverlässigkeit des Gründerzeugnisses von Pater Kentenich, zu Priestern zu weihen. So entschloss sich Andreas Brath gemeinsam mit Heinrich Hug, nach Argentinien zu reisen, wo die beiden dann, zusammen mit Peter Locher, am 14.08.1965 die Priesterweihe empfingen. Von dort kehrte Pater Andreas am 07.10.1965 zur Heimatprimiz und zur weiteren priesterlichen Tätigkeit nach Deutschland zurück.
Seelsorgerliche Tätigkeiten konnte Pater Andreas nur einige wenige Jahre in der Diözese Freiburg verrichten, denn schon im Sommer 1968 brach seine Lungenkrankheit erneut auf, weshalb er am 16.09.1968 in Freiburg eine Lungenoperation mit fast tödlichem Ausgang und eine anschließende monatelange Reha in St. Blasien durchstehen musste. Vom 19.03.1969 wohnte er dann ständig in Schönstatt in Haus Sonneck und zog von dort am 31.08.1970 direkt nach der Einweihung des Sionsheiligtums als Anbetungspater auf den Berg Sion um.
Von da an war Pater Brath nahezu fünfzig Jahre lang ein stiller, treuer Beter in den Anliegen unzählig vieler Menschen, die sich ihm in ihren Sorgen und Nöten anvertrauten und für die er Tag für Tag, jahraus jahrein, stellvertretend im Heiligtum auf Berg Sion Anbetung hielt und all die vielen Anliegen im Gebet und in der Liturgie vor Gott getragen hat. Gleichzeitig war er für viele Einzelne sowohl in der eigenen Gemeinschaft als auch in anderen schönstättischen Gemeinschaften und darüber hinaus ein sehr gefragter und beliebter geistlicher Begleiter und Beichtvater. Seine stille, freundliche, zurückhaltende Art in der Begegnung mit den Menschen kam ihm dabei sehr zugute.
Soweit er die Kraft dazu hatte, verrichtete er außerdem Sekretärsarbeiten, bei denen er bis ins Detail äußerst gewissenhaft seinen Aufgaben nachkam. Herausragende Arbeitsgebiete waren dabei vor allem die Herausgabe von Schriften Pater Kentenichs, die Mitwirkung im Archiv und nicht zuletzt im Auftrag seiner Oberen sein Engagement als Mitarbeiter des damaligen Postulators P. Alex Menningen beim Seligsprechungsprozess von Pater Kentenich.
Das ganze Leben von Pater Brath war durchzogen von Krankheit und physischer Schwäche. In den letzten Jahren machten ihm außerdem Gedächtnisschwäche und zunehmende Demenz sehr zu schaffen. Er wurde von einem Mitbruder gefragt: „Wie ist das für Dich, wenn Du erlebst, dass Du so viel vergisst?“ Seine Antwort: „Frustrierend! Ich hatte mal ein sehr gutes Gedächtnis.“ Ein andermal: „Du hast viele Bücher herausgegeben.“ „Ja“, sagte er, „wenn man etwas gerne macht und wenn es darum geht, etwas zu sichern, damit es nicht verloren geht, dann ist das möglich.“ In seinen zunehmenden Schwächen musste er das Schicksal seiner Eltern teilen, die in den Jahren bis zum Tod der Mutter (1990) und des Vaters (1999) immer schwächer wurden, aber in großer Treue miteinander ihr Lebensschicksal ertrugen. Pater Andreas folgte in Treue bis zuletzt ihrem Beispiel.
Möge er jetzt Ruhe und Erfüllung finden in der ewigen Anbetung und beim Gotteslob ohne Ende im Himmel.
Schönstatt, Berg Sion, 30. Dezember 2020
Pater Theo Breitinger
Provinzial